Am ersten Novembersamstag war es soweit: mein Kawasaki-grüner Stingray hob auf dem Töni zu seinen Erstflug ab.
Hier der Bau- bzw. Fertigstellungsbericht zum Stingray und das Erstflugvideo.
Kurz ein paar Anmerkungen zum Aufbau:
- Aus Wartungs- und Gewichtsgründen ist das Höhenruderservo vorne eingebaut. Die Anlenkung erfolgt via CFK-Schubstange auf eine in der Seitenflosse verschraubte Pendelmechanik.
- Um unerwünschte Höhenruderausschläge (Biegung des CFK-Rohrs) bei hohen G-Beschleunigungen wirksam zu verhindern, ist die Schubstange mit einem Spant im hinteren Rumpfdrittel abgestützt. Dieser ist mit drei eingeklebten Holzwürfeln verschraubt. Zu Wartungsarbeiten kann so die gesamte Höhenruderanlenkungseinheit aus- und wieder eingebaut werden.
- Da ich kein Freund von fix eingeklebten Servo bin, sind alle Flächenservo in Servorahmen von RCsolutions verbaut.
- Der Stingray wird ohne Dichtlippen geliefert. Als Alternative zum bekannten Ruderspaltband wurden Dichtlippen aus Epoxydharz hergestellt.
- Flächenruderanlenkung bestehend aus GFK-Doppelruderhorn mit Kugelgelenk und M3-Gabelkopf.
- Seitenruderanlenkung indirekt via Push/Pull-Servohebel, aufgeschraubt auf Mischhebel aus Metall, geführt auf Messingdom mit 2 Kugellager.
- Tragflächensicherung: in den Flächen eingeklebter M6-Kunststoffgewindestift und im Rumpf mit Flügelmuttern verschraubt.
- Die Höhenruderhälften werden mit einem Schnappverschluss (Pendel-Lock v. MPX) zusammengehalten.
- Alle Drehteile wurden von Marcel Metzler (Prontag Maschinenbau AG, Balgach) gefertigt.
Höhenruder-Anlenkung (zur besseren Ansicht aussen montiert):
Umlenkungseinheit bestehend aus:
- zwei 2.5mm GFK-Profile mit Distanzhalter und M3-Imbusschrauben verschraubt
- Lagerung: Stahlstift: Ø 5mm /M3-Innengewinde dazu passende Me-Buchse (Aussen-Ø 6mm), Passung H7
- vertikale Anlenkung: 3mm GFK-Hebel, Lager: Stahlstift/Me-Buchse (H7),
- als Führung für die hintere HR-Steckung eingeharzte Ø 5mm Me-Buchse (H7)
Blick in die Seitenflosse
Im Auflagebereich des Lagerstifts sind innenliegend beidseitig ein 1.5mm dickes GFK-Plättchen (ca. 20x20mm) eingeharzt. Der Stahlstift (Drehpunkt der Anlenkungsmechanik) kann so beidseitig von aussen mit M3-Imbusschrauben stabil verschraubt werden.
Das Höhenruder wird über ein CFK-Rohr (Außen-Ø 8 mm, Innen-Ø 6 mm) angelenkt, welches im hinteren Drittel zusätzlich mit einem Spanten abgestützt wird. Für diese Art von Anlenkung wäre ein pullwinded, kreuzgewickeltes CFK-Rohr die erste Wahl. Aufgrund Lieferschwierigkeiten ist schlussendlich "nur" ein pultrudiertes Carbonrohr (handelsüblicher Typ) verbaut worden.
Info zum Pullwinding-Verfahren:
Bei diesem Prozess werden die Verstärkungsfasern durch rotierende Wickeleinrichtungen aufgebracht. Das Ergebnis dieser doppelten Faserwicklung ist eine höhere Biegefestigkeit und Torsionssteifigkeit als bei den pultrudierten, stranggezogenen Rohren.
Spant/Rohrabstützung:
Sandwich aus GFK-Gewebe/Balsa/GFK-Gewebe/Balsa/GFK-Gewebe (wegen Optik schwarz eingefärbt)
Montage mit M3-Imbusschrauben mittles Spezialwerkzeug
Eingebaute CFK-Rohrabstützung - Blick vom Haubenausschnitt in Richtung Seitenleitwerk
Höhenruder-Schubstange: Werkzeug zum Verschrauben des Stützungsspants
- Kunststoffgriff mit zwei ineinander verklebten Metallrohren und am Ende ein abgesägter M3-Imbusschlüssel eingeklebt
- Verklebung mit UHU plus endfest 300
- Länge: ca. 65cm
Seitenruder:
- Die obere Führungshülse ist senkrecht, statt wie üblich waagerecht eingebaut. Somit optisch kein störender Spalt bei der Seitenansicht auf die Ruderflosse.
- das Seitenruderhorn ist passend zum SR-Servoruderhorn gezeichnet
- Abstand der Anlenkungsbohrungen: 43mm
- von unten via Hilfsbohrung mit verdicktem Epoxydharz eingeklebt
Seitenruder:
- im GFK-Spant (unten) ist eine Me-Buchse als unterer Aufnahmepunkt für den Seitenruderführungsdraht eingeharzt
- der Stahldraht wird mittels M3-Imbusschraube in einer M3-Gewindehülse auf der Oberseite des Seitenleitwerks fixiert
- Seitenruderspant: Sandwich bestehend aus GFK-Gewebe/Holzfurnier/8mm Balsa/Holzfurnier/CFK-Kevlar-Gewebe ergibt einen leichten und trotzdem sehr stabilen Aufbau
- Anlenkung mit 0,75mm Stahlseil Nylon ummantelt
Einheit mit Schleppkupplung und Flitschenstift:
- Messingrohr für Schleppkupplung
- rostfreies Stahlrohr als Flitschenhülse
Komplette Einheit aus 6 Lagen Flugzeugsperrholz verleimt und zusätzlich mit M4-Schrauben gesichert. Da zerreisst es vorher den Segler in Stücke als dass sich was an diesem Block tut. Als Flitschenstift dient eine rostfreie Schraube. Dieser wird der Kopf abgenommen und dem Rumpf entsprechend verschliffen. Dann noch einen Schlitz einfräsen und der Flitschenstift lässt sich bei Bedarf mit einem Schraubendreher aus der Halterung heraus- und wieder hineindrehen.
Befestigungsrahmen (Ansicht von unten) für das Servobrett:
- Schraubverbindungen mit M3-Einklebemuttern vom Lindinger (Loch bohren, Mutter aufsetzen, ein Schlag mit dem Hammer und das Teil hält - kleben nicht nötig)
- Links im Bild ist die vordere Empfängerakkubefestigung sichtbar. Für einen möglichen späteren E-Motorausbau ist diese schraubbar konstruiert und zusätzlich wurde im Rahmen auch schon der entsprechende Platz für eine Reisenauerantriebseinheit vorgesehen.
Der Sperrholzrahmen wird mit Coltogum-Silikon eingeklebt. Auf diesen wird mit 6 Imbusschrauben das Aufnahmebrett für Höhenruder- und Seitenruderservo, Empfänger, Vario etc. montiert.
Fertig eingeklebter Holzrahmen, welcher zur Not dank der flexiblen Verklebung bei harten Landungen etwas "arbeiten" kann. Zusätzlich wird der Rahmen mittles Kunststoffschraube mit dem Schleppkupplungsblock verschraubt. Bei härteren Landungen ist diese Verbindung nicht auf Gedeih und Verderben miteinander verbunden und kann entsprechend Energie aufnehmen, bzw. verteilen.
Schleppkupplung mit 15kg-Standardservo fertig eingebaut.
Servobrett - Ansicht von unten.
Tipp: Dank Kabelsocke, bzw. Kabelschlauch und ein paar Kabelbinder mit -halter können die Servokabel sicher fixiert werden und schaut zudem noch aufgeräumt aus.
Seitenruderanlenkung:
- 3mm GFK-Seitenruderdoppelhebel montiert auf Metall-Mischhebel (Heliersatzteil: Mischerarme T-Rex 600E Pro, Hersteller: Align, Herstellernummer: H60206)
- Mischhebel gelagert auf Messing-Dom (Eigenbau)
- Resulat: präzise und servoschonende Seitenruderanlenkung
Empfängerakkupaket:
- 2 Stück A123 6.6V 2300mAh mit Balanceranschluss
- Beide Akkupacks sind auf einer Trägerplatte aus 5mm Flugzeugsperrholz mit dünnem beidseitigem Klebeband und zwei Klettbänder montiert.
- Die Akku-Trägerplatte wird vorne in die Halterung (siehe oben) eingeschoben und hinten mit zwei M3-Schrauben mit dem Befestigungsrahmen verschraubt.
- Stromverbrauch im Flug: ca. 1000 mA/h (Erfahrungswert gemäss Erstflug). Somit liegen pro Akkuladung locker 3 Stunden Flugspass drin.
Ausbau RC-Elektronik:
- HR-Servo: Hitec HS-7954SH Digital
- SR-Servo: Futaba 3152 Digital
- Stromversorgung: JETI MAX BEC 2 - Doppelstromversorgung, elektonischer Schalter
- Empfänger: FASST R-6008 HS 2,4 GHz Futaba Robbe
- Vario: CS DataVario von WS-Tech
Dichtlippen:
An die Flächenschale von Quer- und Wölbklappen werden selbstgemachte Dichtlippen aufgezogen.
Vorgehen:
- festes und stabiles Klebeband (Tesa o.ä.) aussen auf die Ruderklappe aufkleben
- Ruder aufklappen und die Epoxyd-Masse aufmodellieren. Hier ist wichtig, dass das Harz nicht bis an den vorderen Rand des Klebestreifens aufgebracht wird, da sonst u.U. die Fläche beim Einfädeln des Klebestreifens mit Harz verschmutzt werden könnte.
- Einfädeln, d.h. das Klebeband unter die Flächenschale führen und die Kontur durch Aufspreizen der Klappe vorgeben. Fixieren.
- Trocknen lassen
- gerade Kante an der Dichtlippe anschleifen und fertig.
Tipp:
- am Ruderanfang und am Ende verdicktes Harzgemisch auftragen (darf nicht mehr fliessen)
- dazwischen Harz auftragen, welches gerade noch so fliesst (Harz sollte noch glänzen)
- somit fliesst am Rand nichts weg und das Harz für die Dichtlippe kann sich (nach Schritt 3) gut verteilen
- verschiedene Klebebandstärken ausprobieren. Je fester das Klebeband, desto besser lässt es sich biegen. Nur zu stark darf es dann auch nicht sein. Daher ausprobieren. Bei mir habe ich durchsichtiges Paketklebeband genommen.
Lohn der Arbeit nach Abziehen der Klebestreifen: saubere und stabile Dichtlippen. Schaut aus wie vom Profi gemacht.
Hier das Prinzip nochmal in einer Skizze kurz erklärt.
Keine Angst vor selbstgemachten Expoxy-Dichtlippen - klingt komplizierter als es ist. Aber es macht sicher Sinn mehrmals zu üben, bevor man sich an die "echten" Flächen macht. Meiner Meinung nach ist der schwierigste Part das Einfädeln des Klebestreifens nachdem das Harz aufgetragen wurde. Ja nach Länge der Ruder kann dies etwas tricky werden. Eine dritte oder vierte Hand kann bei dieser Aktion nicht schaden.
Tipp:
- Klebestreifen verwenden, deren Klebeschicht beim Abziehen von der Rolle einen gleichmässigen Film zeigen. Vorher testen!
- für die Dichtlippe wurde 24h-Harz mit Thixotropiermittel verdickt - keine Microballons, keine Baumwollflocken - nur Thixo.
- das Harz ist mit schwarzer Universal-Farbpaste eingefärbt
Die Ruderhörner sind den gewünschten Ruderausschlägen entsprechend gezeichnet und auf einer 2D-CNC-Anlage aus 2.5mm GFK-Material gefräst worden.
- links: Ruderhorn für Wölbklappe
- rechts: Ruderhorn für Querruder
- der Abstand der vorderen Befestigungslasche zur hinteren entspricht der Ruderstegbreite
Um den mit einem CFK-Schlauch umwickelten Rudersteg beim Verkleben des Ruderhorns nicht zu verletzten, wird die vordere Befestigungslasche des GFK-Ruderhornes vor dem Holm eingeharzt. Die hintere Lasche kommt entsprechend hinter den Holm.
Tipp:
- Für eine saubere Verklebung empfiehlt es sich links und rechts ein Stück Schaumstoff mit Haushaltsfolie zu umwickeln und im gewünschten Abstand an den Rudersteg zu drücken.
- Fertig gemischtes Harz in Einwegspritzen füllen. Somit lässt sich das Harz punktgenau platzieren.
Nur so am Rande:
Wenn man sich in der Drogerie bzw. Apotheke mit Einwegspritzen eindecken möchte, dann der Pharma-Assistentin (das ist das Mädel hinter der Theke) auch gleich mitteilen, für welchen Verwendungszweck sie benötigt werden...allfällige Missverständnisse komme so gar nicht auf...
Alle Flächenservo werden mit Servorahmen von www.rcsolutions.ch verbaut. Die Rahmen sind aus hochwertigem Flugzeugsperrholz präzise gefertigt. Zudem leicht und einfach zu montieren.
- Montage: Haushaltsfolie zwischen Servorahmen und Servo, Harz auf Rahmenunterseite auftragen, auf der Flächenschale platzieren, wenn möglich fixieren und leicht beschweren.
- Wenn die Ruderanlenkung mit dem Servo und Runderhorn verbunden wird, lässt sich die genaue Position einfach finden.
- Eingeklebt mit UHU plus endfest 300
Querruder:
- Anlenkung: Doppelruderhorn mit M3-Kugelgelenk und M3-Gabelkopf
- Gabelkopf auf Gewindestange und mit verdicktem 5 Min Epoxy verklebt
- Servo: Graupner HBS 660 BB MG
Tipp:
Möchte man eine wirklich spielfreie Kugelkopfanlenkung, empfiehlt es sich die Kugel in der Pfanne mit etwas Schraubensicherungslack (niedrig- bis mittelfest) einzutüdeln. Warten bis der Lack getrocknet ist und dann ein paar Mal hin- und herbewegen und fertig.
Wölbklappen:
- Anlenkung wie Querruder
- Servo: Graupner DES 707 BB MG
- um genügend Butterfly-WK-Ausschlag zu erhalten, musste die Flächenschale um ca. 3mm abgeschliffen werden
Abdeckung der Ruderservoöffnung:
- aus dem stabilen Deckblatt einer schwarzen Kunststoffmappe geschnitten
Der Gabelkopf ist mit einem Stück Schrumpfschlauch gegen unerwünschtes Aufspeizen gesichert. Die zwei Öffnungen oberhalb der Servoabdeckung (rechts im Bild) bieten Zugang für einen Teil der Servorahmenverschraubung.
Haubenverklebung:
- diesen Arbeitsschritt erst ausführen, nachdem die Haubenverriegelung realisiert worden ist!
- Rumpf mit Haushaltfolie abdecken und die Folie mit Klebeband fixieren
- Haubenrahmen aufsetzen und verriegeln
- 24h-Epoxydharzraupe (hier schwarz eingefärbt) rundherum mit einer Spritze auftragen
- Haube aufsetzen und mit Klebeband fixieren
- nach dem Aushärten Haube abnehmen und überstehende Reste abschleifen
Der Haubenverschluss ist folgendermassen realisiert:
- vorne ein 5mm-CFK-Stift
- hinten halten 2 Neodym-Magnete mit je 6kg Haltekraft die Haube
Daten zum Segler:
Spannweite: 2,90 m
Länge: 1,75 m
Fluggewicht: 6.6kg
Funktionen: Querruder, Wölbklappen, Höhe, Seite, Schleppkupplung
Profil: SD 6061 mod.
Flächeninhalt: 66 dm²
Angaben zu den einzelnen Gewichten:
- Rumpf: 2783g
- Fläche links/rechts: 1437g / 1453g
- Höhenruderfläche links/rechts: 80g / 82g
- Flächenstahl: 778g
Erstflug
Samstag, 5. November, kurz nach 9Uhr:
Nach den letzten Checks und eingehender Ruderkontrolle übergibt Mirco den Stingray mit einem kräftigen Schubs seiner Bestimmung: Erstflug!! und nach den ersten paar Runden Staunen ohne Ende. Der Segler liegt wie ein Brett in der Luft und lässt sich vom Gegenwind nicht sonderlich stören. Da keine V-Form vorhanden ist, möchte der Stingray ähnlich einem Kunstflugmodell geflogen werden, d.h. dieses Teil will gesteuert werden. Im Vergleich zum ThermikXXL, bei dem man(n) nach Belieben nebenbei auch mal ne Zigarre rauchen kann, muss der Pilot beim Stingray an den Knüppeln fit sein.
Action pur!
Obwohl ich den Stingray beim Erstflug noch mit angezogener Handbremse geflogen bin, konnten wir über die Flugleistung nur staunen. Der grüne Stachelrochen läuft so gut, dass sich Mirco um ein Haar am Nachmittag bei Thommy am Stand (an der Modellbaumesse in Friedrichshafen) einen Weiss/Roten-Stingray gekauft hätte.
Vielen Dank an Mirco für den Erstwurf.
Geschafft - Erstflug geglückt und vollauf zufrieden. EWD dürfte beim Erstflug nach der Trimmung so um die 0° gewesen sein. Schwerpunkt nehme ich daher noch etwas nach vorne. EWD sollte für Normalflug um die 0.7° sein - für Akro 0°.
Resümee: der Stingray geht wie Schmitz Katze durch den Wind. Da wird sich mein VX warm anziehen müssen. Landen muss noch a bissl geübt werden, aber 100g/dm2 Flächenbelastung sind bei einem 290cm-Segler nicht ohne, aber dank Butterfly gut beherrschbar.
Die Fertigstellung hat zwar etwas gedauert, aber der Bauaufwand hat sich gelohnt. Nur gut, dass die Föhnsaison erst angefangen hat...
Stingray rockt!
Samstag, 12. November
Bei wunderschönem Herbstwetter durfte sich mein Stingray erstmals an Davids Schleppseil hängen. Um Angst- und Schmerzfrei den Erstschlepp hinter mich zu bringen, wurden die Wölbklappen 10mm und die Querruder 4-5mm nach unten gesetzt. Mit dieser Einstellung hob der Segler nach ca. 15-20m völlig unspektakulär vom Boden ab. Und dies bei fast windstillen Verhältnissen. Bei Gegenwind dürfte sich die Startstrecke nochmals verkürzen.
Somit hat mein Stingray auch diese Prüfung mit Bravour bestanden.